Wild ist mehr als nur ein saisonales Gericht im Herbst oder ein Jagdschmankerl aus dem Wirtshaus. Wild steht für Natur, Tradition, nachhaltige Jagd und eine kulinarische Kultur, die in Mitteleuropa Jahrhunderte zurückreicht. Ob Reh, Hirsch, Hase oder Wildschwein – der Geschmack von Wildfleisch ist unverwechselbar, würzig, aromatisch und ein Stück authentisches Handwerk auf dem Teller.
Was gehört eigentlich zu „Wild“?
Unter Wild versteht man Tiere, die in der freien Natur leben und nicht landwirtschaftlich gezüchtet werden. Dazu zählen in Mitteleuropa vor allem:
- Rehwild – das wohl zarteste Wildfleisch, mild im Geschmack und perfekt für Einsteiger
- Rotwild / Hirsch – kräftig, dunkel, aromatisch, ideal für Braten und Steaks
- Wildschwein – rustikal, würzig, mit leichtem Fettanteil, daher saftig
- Hase / Feldhase – sehr aromatisch, feinfaserig, oft für Ragouts
- Kaninchen (Wildkaninchen) – milder als Hase, ähnlich wie Geflügel
- Fasan – Wildgeflügel mit feinem, beinahe süßlichem Fleisch
- Rebhuhn und Taube – aromatisches Federwild
- Gams (in den Alpen) – intensiver Geschmack, festes Fleisch
Die Jagdquoten sind streng reguliert, Wild ist also kein Massenprodukt – und genau das macht es so besonders.
Der Begriff Wild grenzt sich damit gegen den Oberbegriff Wildtier ab, der allgemein alle freilebenden Tiere umfasst.
Ein kleiner Blick in die Geschichte
Schon unsere Vorfahren aus der Steinzeit lebten von Jagd und Sammelwirtschaft – Fleisch war kostbar, Jagderfolg entschied über Leben und Hunger. Mit dem Mittelalter verschob sich die Bedeutung: Wildgerichte waren privilegiert, der Adel beanspruchte die Jagdreviere. Die berühmten Treibjagden an Fürstenhöfen waren gesellschaftliche Ereignisse – und wer dieses Fleisch servierte, zeigte Status.
In der bäuerlichen Küche blieb Wild lange ein seltenes Ereignis, oft verbunden mit besonderen Jahreszeiten, Feiertagen oder Festschmäusen.
Heute ist Wild eine Rückbesinnung auf Nachhaltigkeit, Natürlichkeit und Geschmack. Kein Kraftfutter, keine Stallhaltung, keine Antibiotika – Wild ernährt sich von Kräutern, Knospen, Bucheckern, Pilzen und Waldpflanzen. Dieser natürliche „Wald-Gewürzschrank“ landet direkt in der Fleischqualität:
👉 Aroma, das kein Zuchtfleisch nachahmt.
Was macht Wild so besonders?
- Mager und proteinreich: Perfekt für bewusste Ernährung
- Omega-3-Fettsäuren: mehr als im Rind
- Natürlichkeit: keine künstliche Mast
- Waldaromen: grobballig, würzig, erdig
- perfekt für Rotwein, Pilze, Preiselbeeren, Esskastanien
Wild ist saisonal normalerweise im Herbst am beliebtesten – doch eingefroren wird es ganzjährig angeboten.
Worauf achten beim Kauf?
- Regional kaufen – Jäger, Wildgatter, Metzger des Vertrauens
- Fang- oder Jagdzeit beachten
- Geruch und Farbe: Wild darf dunkel sein, aber nicht schmierig
- Beinhaltet teilweise „Hautgout“ – das typische Wildaroma, das durch korrektes Abhängen entsteht
Übrigens: Wer Wild nicht so stark aromatisch mag, beginnt mit Reh oder Wildkaninchen – beides sehr milde Sorten.
Festliches Rezept:
Rosa Rehrücken mit Preiselbeerjus, Rotwein-Schalotten und Serviettenknödel
Ein Klassiker, der trotzdem edel, leicht und nicht schwer im Magen liegt – perfekt für ein Weihnachts- oder Sonntagsmenü.
Zutaten (4 Personen)
Für das Reh:
- 800 g Rehrücken (ausgelöst)
- Salz, Pfeffer
- 2 Zweige Thymian
- 2 Zweige Rosmarin
- 2 EL Butterschmalz
- 1 EL Butter
Für die Preiselbeerjus:
- 1 kleine Zwiebel, fein gewürfelt
- 1 EL Butter
- 200 ml Rotwein
- 150 ml Wildfond (optional Rinderfond)
- 1 EL Preiselbeeren
- Salz, Pfeffer
Für die Rotwein-Schalotten:
- 6 Schalotten, geschält
- 200 ml Rotwein
- 1 TL Zucker
- 1 TL Butter
- Prise Salz
Für die Serviettenknödel:
- 250 g altbackene Semmeln (gewürfelt)
- 200 ml warme Milch
- 2 Eier
- Salz, Pfeffer
- Muskat
- Petersilie, gehackt
- Butter zum Bräunen
Zubereitung – Schritt für Schritt
1. Serviettenknödel vorbereiten
Die Semmelwürfel mit Milch übergießen, 10 Minuten ziehen lassen. Eier, Petersilie, Salz, Pfeffer und Muskat einarbeiten. Eine feste Rolle in Frischhaltefolie und dann Alufolie formen.
In leicht siedendem Wasser 25 Minuten garen.
2. Die Schalotten
Butter schmelzen, Schalotten kurz anschwitzen, Zucker zugeben und leicht karamellisieren. Mit Rotwein ablöschen, leicht salzen und 20 Minuten reduzieren lassen, bis die Schalotten weich sind und die Sauce sämig wird.
3. Rehrücken braten
Rehrücken salzen und pfeffern, Butterschmalz erhitzen. Das Fleisch rundum scharf anbraten, Kräuter und Butter zugeben und kurz „übergießen“.
Dann bei 140°C im Ofen 8–10 Minuten nachziehen, bis eine Kerntemperatur von 54–56°C erreicht ist (rosa).
Nach dem Garen 5 Minuten ruhen lassen.
4. Preiselbeerjus
Zwiebeln in Butter anschwitzen, mit Rotwein ablöschen, kurz reduzieren. Fond zugeben, 5–10 Minuten einkochen. Preiselbeeren unterrühren, mit Salz und Pfeffer abschmecken.
5. Finalisieren
Knödelrolle auspacken, in Scheiben schneiden und kurz in Butter anrösten. Reh aufschneiden, Schalotten daneben anrichten, Jus darüber träufeln.
Serviertipps
- Dazu passen: Rotkohl, Maronenpüree oder gebratene Pilze
- Weinempfehlung: Blauburgunder, Spätburgunder oder Blaufränkisch
- Für Einsteiger: Reh 1–2 Tage vorher mild beizen (Rotwein, Wacholder, Lorbeer)
Warum Wild perfekt in die moderne Küche passt
Wild ist Genuss ohne Gewissensbisse – regional, nachhaltig, voller Geschmack. Es steht für Entschleunigung, Zeit nehmen, bewusst essen. Und ja: Ein perfekt rosa Rehrücken macht mehr her als jedes 08/15-Steak aus dem Supermarkt.
Wild ist ein Stück Natur – und ein Fest auf dem Teller.
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